Jede:r kennt sie – oder kannte sie: Chipsletten. Marketers diskutieren gerade mal wieder ex-post, wie es zur, sagen wir, Markenzerbröselung kam. Rückblick: Die Stapelchips waren einst Marktführer in Deutschland mit über 58 Prozent Marktanteil.
Doch dann kam 1997 Pringles. Mit massivem Marketingbudget, klarem Design und mittlerweile ikonischer Verpackung fegte die US-Marke den einstigen Platzhirsch hierzulande von der Lichtung, sorry, vom Regal. Und Lorenz, der Hersteller, knickte ein, konzentrierte sich fortan auf neue Marken. 2025 startet nun das respektable Comeback – nicht unter dem Namen Chipsletten, sondern als Crunchips Stacker. Warum dieser frische Mut der Marke gut tut – und klares Learning:
Eine Marke ist kein Denkmal. Eher eine Entscheidung für Konsequenz.
Die Geschichte zeigt, was passiert, wenn selbst erfolgreiche Marken nicht aktiv gemanagt werden. Markenpflege ist keine Gefühlssache, sondern eine strategische Aufgabe. Die Causa Chipsletten lässt sich auch auf andere Branchen übertragen – ob beispielsweise Fashion, Food oder Home & Beauty.
Drei Take-Aways, die Markenverantwortliche kennen sollten:
- Marktmacht ist temporär – und kein Eheversprechen
Wie bei jedem Menschen auch: Zu viel Selbstzufriedenheit ist der Anfang vom Ende. Erfolgreiche Marken brauchen konstante Zuwendung – nicht nur Budget für Neues. Wer seine Cash Cow vernachlässigt, verliert sie oft für immer. Bindung braucht Nähe und Bedeutung. - Künstliche Narrative versagen spätestens dort, wo mit Herz und Verstand gekauft wird
Der Chipsletten-Relaunch 2017 wollte mit dem damals noch etwas frischeren Trend Nachhaltigkeit punkten. Doch die Botschaft kam nicht an – Chips in Plastik sind und bleiben Chips in Plastik. Die Lektion: Wenn das Versprochene nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, wird das Produkt zum Ladenhüter. - Daten > Nostalgie
Käuferbefragungen zeigten: Die emotionale Bindung an Chipsletten war weg. Konsument:innen bevorzugten Crunchips. Nostalgie ohne aktuelle Relevanz ist kein Asset, sondern ein Irrtum. Und ein Umsatzkiller.
Was wir daraus lernen können – auch branchenübergreifend:
- Fashion & Beauty: Kultmarken wie Esprit oder The Body Shop zeigen, wie schwer es ist, Relevanz zurückzugewinnen, wenn man den Markenkern aus den Augen verliert. Auch hier gilt: Nur wer die Zielgruppe regelmäßig neu versteht und bedarfsgerecht bedient, bleibt im Spiel.
- Home & Living: Traditionsmarken wie Villeroy & Boch schaffen die Balance zwischen Heritage und Zeitgeist – durch konsequente Designführung, klug-kollaborative Kollektionen und klare Differenzierung im Handel.
- Food: Der Fall Chipsletten ist hier kein Einzelfall. Auch andere Marken (nehmen wir mal Bionade oder Capri-Sonne) mussten lernen: Sichtbarkeit, Geschmack und Haltung müssen synchron laufen – sonst kippt die Marke aus dem Kulturraum. Erfolgreich zeigt das zum Beispiel Ritter Sport mit saisonalen Editions, Design-Upgrade und klarem Storytelling. Auch hier ist Markenerfolg mehr als nur Geschmackssache.
Fazit: Relevanz ist kein Zustand – sondern stete Fleiß- und Arbeitseinheit
Starke Marken entstehen nicht durch Glück, sondern durch kluge Entscheidungen. Sie bleiben relevant, weil sie kontinuierlich überprüft, gepflegt und weiterentwickelt werden. Der größte Fehler? Zu glauben, dass alte Erfolge automatisch neue garantieren. Wer Markenführung ernst meint, weiß: Emotionen, Daten und Haltung gehören zusammen – und nur wer alle drei kennt und händeln kann, hat die Zukunft auf seiner Seite. Das ist Arbeit. Das ist kein Zufall. Und damit eine gute Nachricht für alle passionierten Markenverantwortlichen.
FAQ: Wie Marken aus Fehlern lernen – und neue Relevanz gewinnen
Was zeigt der Fall Chipsletten?
Dass selbst First Mover verschwinden können, wenn Markenführung zur Nebensache wird. Marken müssen gepflegt, verstanden und gelebt werden. Das erfordert unter anderem Fleiß- und Beziehungsarbeit.
Warum ist Markenpflege heute wichtiger denn je?
Weil Märkte dynamischer, Zielgruppen untreuer und Botschaften, in immer mehr Kanälen fragmentiert, flüchtiger und teils wirkungsloser werden. Nur wer kontinuierlich investiert – in Insights, Design, Relevanz – bleibt sichtbar und begehrlich.
Was bedeutet das konkret für Fashion, Home & Food? Drei Umsetzungsbeispiele:
- Fashion: Design muss kulturelle Codes aufnehmen, statt nur Trends hinterherzulaufen. Kollaborationen und klare Zielgruppenansprache sichern die Marke ab.
- Home & Living: Sichtbarkeit im Store ist ebenso entscheidend wie inspirierende Produktinszenierung – sowohl analog als auch digital.
- Food: Geschmack allein reicht nicht. Verpackung, Storytelling und kulturelle Anschlussfähigkeit müssen zusammenpassen.
Wie hilft die GIM bei dieser Herausforderung?
Mit fundierter Markenforschung, Cultural Strategy und spezifischen Zielgruppen-Insights . Auch KI-gestützt und damit umsetzungsaktuell. Wir identifizieren, wo Markenwahrnehmung und -bindung verloren geht – und was sie wieder stärkt. Unsere Arbeit bringt Klarheit, wo Bauchgefühl längst nicht mehr reicht.

Sebastian Klein
Senior Research Director

Dr. Jörg Munkes
Managing Director
Heidelberg





