Künstliche Intelligenz hat die Werbung erreicht und verändert. KI-generierte Kampagnenbilder, animierte Testimonials oder gar komplett synthetische Werbespots: Was technisch möglich ist, wird zunehmend ausprobiert. Und das durchaus mit Wirkung – nur nicht immer in die gewünschte Richtung. Denn obwohl viele dieser KI-Spots Emotionen auslösen, bleiben diese häufig im negativen Spektrum: Irritation, Skepsis, Abwehr. Was müssen Marken und ihre Macher hier beachten – unser Überblick mit 3 Top-Branchenbeispielen.
Uncanny Valley: Wenn „fast echt“ zu unheimlich wird
Das Phänomen dahinter ist nicht neu, aber aktueller denn je: das sogenannte Uncanny Valley. Es beschreibt einen psychologischen Effekt, bei dem menschenähnliche Abbilder – seien es Roboter, Avatare oder KI-generierte Videos – dann besonders unheimlich wirken, wenn sie fast, aber eben nicht ganz echt erscheinen. Die Mimik ist minimal falsch, der Blick einen Hauch zu leer, die Bewegungen nicht ganz stimmig. Das Ergebnis: Statt Empathie erzeugt das Bild Unbehagen.
Warum ist das relevant? Weil Werbung von emotionaler Resonanz lebt. Anders gesagt: Es geht um’s Wohlgefühl, Glücklichsein. Wenn ein Spot statt Lächeln Stirnrunzeln erzeugt, wirkt das nicht nur gegen die intendierte Markenbotschaft, sondern kann langfristig Vertrauen und Markenimage schädigen.
3 Branchen im Blick: Wo KI in der Werbung aneckt – und was man Positives daraus lernen kann
Automotive: Hightech ja, aber glaubwürdig, bitte.
Die Automobilbranche ist traditionell ein Vorreiter für neue Technologien – auch in der Werbung. Doch gerade hier zeigt sich die Crux von KI-Spots besonders deutlich. Wenn Avatare futuristische Fahrzeuge anpreisen oder eine KI-Stimme durch ein stilisiertes Cockpit führt, erzeugt das nicht zwangsläufig Faszination. Vielmehr könnte es eine Entkopplung von Marken-Realität und Kundenerlebnis provozieren: Wer mit echter Performance und Fahrgefühl wirbt, sollte nicht mit künstlich-leblosen Abbildern operieren.
Finance: Vertrauen ist alles – und KI wirkt noch zu oft wie das Gegenteil.
In der Finanzkommunikation zählt Seriosität. KI-Spots, in denen „Berater:innen“ sprechen, die erkennbar nicht echt sind, können schnell das Gegenteil bewirken: Misstrauen. Gerade in einer Branche, die auf Zuverlässigkeit und langfristige Kundenbindung bei hohem Lebenssituationsverständnis setzt, ist der Grat zwischen Innovation und Irritation besonders schmal. KI darf hier unterstützen, kann aber nicht das Menschliche und Empathische ersetzen.
Retail & Shopper-Marketing: Zwischen Attention Hack und Identitätskrise.
Im stationären Handel oder im E-Commerce sind KI-Spots oft Eyecatcher. Sie generieren nachweislich Aufmerksamkeit – keine Frage. Doch was passiert nach dem ersten Blick? Wenn Konsument:innen sich nicht wiederfinden in den perfekt konstruierten, aber emotional kalten Szenen? Wenn das Produkt längst vergessen ist, während das Unbehagen bleibt? Gerade im Shopper Marketing, wo es um schnelle „Ja“-Impulse geht, kann das Uncanny Valley zur ungewollten Barriere werden.
Best Practice: Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel von H&M. Der Modehändler nutzte in einer KI-basierten Kampagne bewusst stilisierte Avatare, die klar als solche erkennbar waren – kombiniert mit realen Umgebungen und einer emotionalen Storyline. Das Ergebnis: hohe Engagement-Raten, positive Nutzerkommentare und eine überraschend starke Brand-Connection. Der Schlüssel: Transparenz statt Täuschung – und ein visuelles Storytelling, das Nähe schafft, ohne falsche Nähe zu simulieren.
Fazit: Emotionalisierung mit KI braucht Feingefühl, nicht nur Rechenleistung
KI kann inspirieren, personalisieren, skalieren – keine Frage. Aber sie muss gelernt haben, was Menschen bewegt. Und das ist nicht nur die perfekte Mimik oder die optimale Lichtsetzung. Es sind Brücken zur Lebensrealität, Authentizität, soziale Anschlussfähigkeit. Marken, die mit KI arbeiten wollen, müssen das Uncanny Valley nicht fürchten – aber sie sollten wissen, wo es beginnt.
FAQ: KI in der Markenkommunikation – was jetzt wichtig ist
Was ist das Uncanny Valley genau?
Das „Unheimliche Tal“ bezeichnet den Effekt, dass menschenähnliche Darstellungen (Avatare, KI-Personas) besonders befremdlich wirken, wenn sie nicht ganz perfekt bzw. authentisch sind. Unser Gehirn erkennt minimale Abweichungen – und reagiert mit Ablehnung.
Wie kann Werbung diesen Effekt vermeiden?
Indem KI nicht versucht, Menschen zu imitieren, sondern eigene visuelle Sprachen entwickelt. Stilisierung statt Simulation kann näher an echte Emotionen führen. Und: Der Einsatz muss zur Marke passen – kulturell, inhaltlich, emotional.
Welche Branchen sollten besonders sensibel mit KI umgehen?
Alle, bei denen Vertrauen, Nahbarkeit oder emotionale Bindung eine große Rolle spielen: unter anderem Finanzdienstleister, Automarken, FMCG und der Einzelhandel. Gerade hier braucht KI-Einsatz psychologisches Fingerspitzengefühl.
Wie unterstützt GIM bei der Bewertung von KI-Content?
Wir analysieren zum Beispiel Wirkung, Emotion und Akzeptanz neuer Formate: qualitativ, implizit, datenbasiert. Ob KI-Spot, virtueller Berater oder KI-generierte Produktwelt – wir zeigen, was funktioniert. Und was nicht.
Was ist der nächste Schritt?
Gern ein Call mit uns. Oder direkt ein Pretest eines KI-Spots. Damit Emotionen dort landen und wirken, wo sie sollen: im Herzen der Zielgruppe.

Sebastian Klein
Senior Research Director

Dr. Jörg Munkes
Managing Director
Heidelberg





