
Wie reagieren Menschen visuell auf Werbung und kann Künstliche Intelligenz (KI) hier helfen? GIM Suisse hat genau das getestet. Im direkten Vergleich zwischen Predictive Eye Tracking und real gemessenen Blickverläufen bei Lebensmittelanzeigen.
Mit der zunehmenden Relevanz von KI stellt sich die Frage: Können menschliche Proband:innen durch KI-basierte Vorhersagemodelle ersetzt werden? Predictive Eye Tracking zielt genau darauf ab. Es sagt auf Basis trainierter KI-Modelle vorher, wohin Menschen bei neuen Stimuli wahrscheinlich schauen – ohne reale Blickmessung. Die Vorteile: schnell, kostengünstig, skalierbar. Aber wie aussagekräftig ist das Verfahren?
Methoden im Vergleich: So erfassen wir visuelle Aufmerksamkeit
- Eye Tracking mit Brillenhardware: Präzise Messung mit Infrarotsensoren und Kameras direkt am Auge – zum Beispiel am Point of Sale (POS), also dem Verkaufsort, an dem Konsumentscheidungen tatsächlich getroffen werden. Vorteile: hohe Genauigkeit, echte Kontextbeobachtung. Nachteile: geringe Skalierbarkeit, höhere Kosten.
- Webcam-basiertes Eye Tracking: Erfasst Blickverläufe über Laptop- oder Smartphone-Kameras. Geringere Präzision, aber gute Skalierbarkeit. Kombination mit Befragungen erlaubt Kontextauswertung.
- Predictive Eye Tracking (KI-basiert): KI-Modelle sagen Blickverläufe auf Basis historischer bzw. bisher gesammelter Daten vorher. Vorteil: sehr schnell und günstig. Nachteil: kein Kontextbezug. Die Genauigkeit ist sehr variabel und hängt stark von den Trainingsdaten, Modellen sowie der Komplexität der Stimuli ab.
Worauf es bei Predictive Eye Tracking ankommt
Trainingsdaten:
- Daten sollten aus einem vergleichbaren Kulturkreis stammen.
- Präzise Messmethoden (etwa Brillenmessungen) für bessere Modelle.
- Der Anwendungskontext sollte zum Trainingsdatensatz passen (Marketing vs. Medizin).
Modellqualität:
- Nicht jedes KI-Modell eignet sich für jede Fragestellung.
- Entscheidend ist nicht die Menge, sondern die Qualität und Definition der Datenpunkte – insbesondere, wie viele reale Teilnehmende dahinterstehen. Manche Anbieter ergänzen Blickdaten mit Benchmarkdaten – was die Modellgüte nicht zwingend verbessert.
Ergebnisse und Interpretation:
- Tools liefern meist Heatmaps und Fokus-Karten.
- Schlüsselkennzahlen (KPIs) sind häufig nur innerhalb eines Tools vergleichbar.
- Transparenz über Trainingsdaten, Modelle und Validierung sind essenziell für Vertrauen.
KI im Praxistest mit Hilcona
GIM Suisse testete mit Hilcona, einem Hersteller frischer Convenience-Produkte, etwa Nudelgerichten, zwei Werbespots: Einmal per Predictive Eye Tracking (Attention Insight), einmal mit realen Blickdaten (RealEye), siehe exemplarisch beide Abbildungen:

Während reale Personen ihren Blick flexibel dem Bildwechsel anpassten, blieb der KI-Fokus starr auf dem Gesicht – ein Hinweis auf mögliche Verzerrungen durch übertrainierte Reizmuster.
Das Ergebnis, grob zusammengefasst: KI trifft zentrale Blickpunkte – etwa Marken-Logos oder Call-to-Actions (klare Handlungsempfehlungen). Aber sie unterschätzt periphere Elemente oder Kontextwechsel, Gesichter werden systematisch überbewertet.
Stärken und Schwächen auf einen Blick
Stärken:
- Schnell, skalierbar, kostengünstig
- Besonders für frühe Testphasen geeignet
- Ergänzt qualitative und quantitative Verfahren
Schwächen:
- Kein echtes Nutzerverhalten
- Reduzierte Differenzierung
- Modellverzerrung durch Training möglich
- Keine Kausalität – nur Hypothesen zur Aufmerksamkeit
Fazit: Ergänzung, kein Ersatz
Predictive Eye Tracking ist ein leistungsfähiges Werkzeug zur schnellen Analyse visueller Kommunikation. Doch echte menschliche Blickverläufe bleiben unverzichtbar – vor allem, wenn es um Kontext, Emotionen und Verhalten geht. Die Kombination mit qualitativer Forschung oder klassischen Eye-Tracking-Verfahren bleibt Goldstandard.
FAQ: Spots, Displays, Verpackungen & Co.: Wie wir Sie unterstützen
Welchen Vorteil bieten wir beim Thema visuelle Kommunikation?
Wir verbinden verschiedene Arten des Eye Trackings, psychologische Insight-Generierung und kreative Werbemittelanalyse, um Werbewirkung integrativ aus Konsumentensicht zu optimieren.
Welche Rolle spielt Predictive Eye Tracking im Methodenmix?
Es ergänzt klassische Verfahren ideal – besonders in frühen Designphasen, bei hoher Stimuli-Anzahl oder zur Hypothesenbildung.
Ist Predictive Eye Tracking auch für B2B geeignet?
Grundsätzlich ja. In Branchen wie Maschinenbau, Medizintechnik oder Finanzdienstleistung hilft es, erklärungsbedürftige Inhalte – etwa Interfaces, Dashboards oder Messekommunikation – visuell zu optimieren. Allerdings: Bei hochspezialisierten Inhalten für bestimmte Zielgruppen ist Predictive Eye Tracking jedoch tendenziell weniger geeignet, da die Modelle nicht gezielt auf diese Gruppen trainiert wurden.
Wie läuft ein Projekt mit GIM ab?
Individuell, effizient und praxisnah – von der Fragestellung über das Studiendesign bis zur strategischen Ableitung und Beratung.
Neugierig geworden?
Dann sprechen Sie mit uns – über Blickverläufe, Entscheidungsverhalten und darüber, wie Ihre Marke gezielter Aufmerksamkeit erzeugen und Konsument:innen überzeugen kann.

Carola Eichmann
Managing Director
GIM Suisse

Sibylle Oetiker
Senior Research Manager
GIM Suisse